„Das Gras wächst nicht schneller, auch wenn man daran zieht.“
Afrikanisches Sprichwort
Zeit ist das am meisten gebrauchte Substantiv in unserer Sprache. Zeit – wir nutzen sie intensiver als je zuvor, doch scheint sie uns immer schneller durch die Finger zu rinnen; die Tage und Stunden vergehen immer schneller. Unsere Lebenszeit nimmt zu, dennoch versuchen wir ständig, Zeit zu sparen. Zwar besitzen wir zahlreiche „Zeitsparmaschinen“, wie Autos, Computer, Handys, doch scheinen uns diese statt mehr Zeit immer mehr Stress zu bringen. Wir telefonieren beim Gehen, schreiben beim Telefonieren, essen bei der Arbeit – wir fangen nicht mehr an und wir hören nicht mehr auf. Wir tun möglichst alles immer zur gleichen Zeit, und das möglichst rasch, wie der Zeitforscher Karlheinz A. Geißler, Autor u.a. von „Wart’ mal schnell“, feststellte.
Ticken wir eigentlich noch richtig? Wir leiden Wir leiden unter dem Diktat der Uhr. Wir hetzen von einem Termin zum anderen. Erst, wenn er auf einmal viel Zeit hat, nämlich im Krankenhaus, wird manch einem klar, wie wenig Zeit er den wirklich wichtigen Dingen widmete – Familie, Freunde, Gesundheit, Lebensqualität. Längst hat die Hurry Sickness, die Eilkrankheit, auch bei uns Einzug gehalten.
„Speedmanagement“ ist zum Wettbewerbsfaktor im Kampf um die Anforderungen der globalisierten Märkte geworden. Doch auch ein anderes Konzept bricht sich Bahn im modernen Zeitmanagement: das Nachdenken über die „Entschleunigung“, über die „Entdeckung der Langsamkeit“, die vehement Stille, Zeitlosigkeit, die Abwendung vom Tempo-Wahnsinn und die Rückbesinnung auf das wirklich Wichtige im Leben fordern.
Seit Jahren stehen Seminare zum Thema „Zeitmanagement“ in vielen Betrieben und Einrichtungen auf dem Seminarkalender ganz oben. Dabei ist der Begriff ganz schön irreführend – geht es doch weniger um die Frage, wie wir unsere Zeit managen. Sie lässt sich nämlich nicht „managen“. Es geht vielmehr um ein optimales Selbstmanagement, um ein Führen der eigenen Person und damit des effektiven Einsatzes der uns zur Verfügung stehenden Zeit.
Es ist völlig klar, daß wir nicht alles selbst machen können. Also geht es vorrangig darum, für sich herauszufinden, worauf wir unsere Energie und Zeit konzentrieren müssen – nämlich darauf, unsere wirklich großen und wichtigen Ziele konsequent zu verfolgen. Leider geht die meiste Zeit verloren und verpufft, weil diese Ziele nicht klar sind.
Es ist also an der Zeit, einmal darüber nachzudenken, was wir von erfolgreichen Menschen lernen können, die auch immer erfolgreiche Selbst-Manager sind. Von Einstein, obwohl als etwas verschroben verschrien, ist z.B. bekannt, daß er seine Zeit perfekt im Griff hatte und stets Zeit für das Wesentliche fand.
Es kann wirklich nicht darum gehen, noch ein und noch ein Seminar zu besuchen, sich noch ein „Rezept“ zum sinnvollen Umgang mit der Zeit anzueignen, um dann herauszufinden, daß es „für mich nicht funktioniert“. Vielmehr sollte es in Beratung, Training und Coaching auch darum gehen, psychologische Hintergründe des Zeitmangels bei den Teilnehmern genauer zu beleuchten, herauszufinden, warum der Mangel an Zeit anscheinend für den Einzelnen bisher einen Vorteil darstellt, an dem er nur zu gern festhalten möchte. Erst mit dem Erkennen solcher verborgener Muster ist der Weg zur Veränderung und damit auch zu einem bewußteren Umgang mit der Zeit frei.
Bereits die alten Griechen kannten zwei Worte für Zeit: Chronos und Kairos. Während Chronos die gleichförmig ablaufende äußere Zeit ist, die wir heute in Uhren und Kalendern finden, verstand man unter Kairos die ungleichmäßig verlaufende innere Zeit, das Zeiterleben. Sie zielt vor allem darauf, das ganz eigene Zeitmaß zu finden, den Rhythmus von Ruhe und Aktion, von Arbeitsanforderungen und privaten Wünschen, von persönlichen Lebenszielen und gelebter Realität.
Übernehmen wir Verantwortung für unsere Zeit und integrieren wir die äußere Zeit des Chronos mit unserer inneren Zeit des Kairos in unser Leben.
Herzliche Grüße und eine schöne Zeit!